Dagmar Großheim

Weltmeisterin im 10 fachen Ironman

11. bis 25. Juni 2006 in Vidauban bei St. Tropez
Ich habe sehr viel erlebt bei meinem ersten Deca-Triathlon und es gibt sehr viel zu erzählen. Ich werde an dieser Stelle versuchen die wichtigsten Dinge zusammenzufassen und euch einen kleinen Einblick in ein solches Abenteuer zu verschaffen.
Zur Organisation des Wettkampfes: Der Veranstalter, Christophe Llamas, selbst Teilnehmer dieser WM, hat eine super Veranstaltung organisiert, für eine Premiere wirklich lobenswert. Für jeden Teilnehmer wurde eine Gastfamilie organisiert, die die Athleten vor und nach dem Wettkampf aufgenommen hat. Achim und ich hatten riesiges Glück mit unserer Familie. Gérard und Geneviève waren herzensgut und haben uns ganze drei Wochen verwöhnt, bekocht, täglich mehrmals beim Rennen besucht – einfach perfekt. Außerdem hatten sie ein traumhaft schönes Haus mitten in den  Weinfeldern.
Die Veranstaltung begann mit einer gigantischen Eröffnungsfeier - Empfang vor dem Rathaus, Parade der Athleten in Cabrios zum Stadion, Vorstellung der Teilnehmer und jede Menge Showeinlagen, sogar eine Deca-Hymne wurde extra komponiert.
Die Logistik des Wettkampfes erschien anfangs etwas kompliziert, da es verschiedene Athletencamps gab. Zuerst das Schwimmen im Schwimmbad von Vidauban, 25m-Bahn, 1520 Bahnen waren zu schwimmen. Das Wasser war schön war, 27°C, so wurde es auch in der Nacht nicht kalt. Das warme Wasser und der Neoprenanzug sorgten dafür, dass die Schultern und Arme nicht so sehr schmerzten, wie beim letzten 24-Stunden-Schwimmen. Sehr unangenehm wurde das Tragen von Brille und Badekappe nach ca. 10 Stunden. Vor allem die Kappe drückte sehr am Kopf, verstärkt noch durch den Sonnenbrand auf der Stirn, der sich bei einem ganzen Tag Sonne im Wasser nicht verhindern ließ. Aber hin und wieder sagte ich mir, dass ich in den nächsten Tagen sicherlich froh wäre, wenn nur eine Badekappe drücken würde. Mit meiner Schwimmzeit von unter 17 Stunden war ich total zufrieden und stieg mitten in der Nacht auf mein Rad.
Vom Schwimmbad aus wurden wir von der Polizei auf die Radstrecke geführt, dort hatte die Armee bereits für jeden Teilnehmer ein riesiges Zelt mit Tisch, Stühlen und Feldbetten aufgebaut, unseren VW-Bus hatten wir vor dem Start schon dazu gestellt. Dort „wohnten“ wir und unsere Betreuer nun in einem kleinen Waldstück mitten in den Weinfeldern von Vidauban. Die Radrunde war nicht einfach, sehr grober Asphalt, viele Löcher, sehr enge Kurven und ein Anstieg, der auf den 351 Runden über 8.000 Höhenmetern ausmachte. In der Nacht war es stockfinster, nur die Kurven waren beleuchtet, nachts fahren war dadurch sehr anstrengend zumal es auch keine Fahrbahnmarkierungen zur Orientierung gab und rechts und links der Strasse teilweise tiefe Gräben waren. So habe ich meist die Nacht genutzt um ein bis vier Stunden zu schlafen. Ich hatte vor dem Radfahren im Vorfeld den größten Respekt, vor allem machte ich mir Sorgen, dass ich einschlafen könnte. Außerdem war mir klar, dass ich die meiste Zeit Sitzprobleme haben würde. Diese Sorgen waren eigentlich nicht nötig, ich war zu keiner Zeit so müde, dass ich auf dem Rad eingeschlafen wäre – tja, und sitzen konnte ich bis zum Schluss wunderbar auf meinem Rad, nur die Hände schmerzten und waren an der Innenseite ganz taub, auch Tage später beim Laufen noch. Das Wetter war jeden Tag schön, wenn man jetzt Urlaub hätte, am Meer, jeden Tag zwischen 35 und 40°C, nachts bis 8°C Abkühlung. 30°C Temperaturunterschied zweimal am Tag, nicht so einfach für den Körper.
Unterstützt wurden wir von einer super Crew: Else und Martin Bayer aus Viersen, beide erfahrene Ultraläufer und Betreuer, die beiden übernahmen die Früh- und Nachtschicht und haben uns immer mit gutem Essen und lieben Worten versorgt. Die Spätschicht wurde von Michael, Alex und David aus dem Theramed-Zentrum Bad Staffelstein übernommen. Neben Essen und Trinken gab es dann noch mal Massagen. Und dann waren da noch die französischen Gasteltern, die uns mit zusätzlichen Speisen und Getränken versorgte, am liebsten waren uns die Kartoffeln aus eigenem Garten und der selbst gebackene Kuchen. So verging die Zeit auf dem Rad unglaublich schnell, ich hatte immer das Gefühl, wir wären gerade erst losgeschwommen, auch nach Tagen noch. Das Radfahren hat sehr viel Spaß gemacht, soviel dass ich schon beim Radfahren mit Achim neue Pläne geschmiedet habe.  Spektakuläres von der Radstrecke gibt es nicht zu berichten, außer dass ein Wildschwein ganz kurz vor unseren Rädern in der Nacht über die Fahrbahn rannte, zum Glück war es die letzte Nacht und Achim war gerade in meiner Nähe. 
Nach ca. 5 ½ Tagen waren die 1.800 KM geschafft und es ging wieder mit Polizeibegleitung, Blaulicht, Martinshorn und jede Menge hupender Autos und Motorräder ins Stadion nach Vidauban.
Im Stadion wurde ich erst einmal von Achim umarmt, der schon seit zwölf Stunden dort seine Runden drehte und sich riesig freute, dass ich auch endlich dort war – einer der schönsten Momente in diesem Wettkampf.
Im Stadion stand schon unser Zelt von der Radstrecke, dass die Armee für alle Teilnehmer im Wald abgebaut hat und an der Laufbahn wieder aufgestellt hat. Unseren Bus hatte Martin auch schon hingefahren. Gelaufen wurde auf einer Tartanbahn und ein Stück hinaus auf der Strasse, zusammen eine Runde von 770 m. Wie bereits beim Radfahren war jeden Tag der Himmel blau und es war heiß, mehrmals bis 40°C – das ganze im Stadion, kaum Wind, kein Schatten. Die Mittagshitze war an manchen Tagen unerträglich und zwang uns zu Pausen im heissen Zelt, die nicht wirklich erholsam sind. Die erste Hälfte der 422 KM liefen unproblematisch, Beine waren gut, keine Probleme mit Füssen oder sonstigem, wir genossen das Rennen und hatten viel Spaß mit den anderen Teilnehmern. Dann waren einige schon fertig, unter anderem auch Achim, der als fünfter den Wettkampf beendete. Für mich wird es schwer, nach zehn Tagen in Bewegung mit wenig Schlaf schwächelt meine Psyche ganz schön – alle gehen mir auf die Nerven, obwohl sie genauso nett sind wie sonst auch – ich habe das Bedürfnis nach Ruhe – die gesamte Crew muss sowieso nach hause heute und ich bin mit Achim alleine – auch nicht gut für meine Psyche, dass nun alle fahren. Also, Tag Nr. 10 war sehr schwer !! Aber dann ging es wieder besser. Obwohl nur fünf Teilnehmer fertig waren, hatte ich das Gefühl die Bahn ist völlig leer, es waren eben die guten Athleten nicht mehr da, die, die immer auf der Strecke waren, die schneller waren und mal überrundeten. Die letzten beiden Tage zogen sich, die Hitze wurde noch schlimmer, aber Körperlich hatte ich keine Beschwerden. Die letzte Nacht habe ich nur eine ganz kleine Pause gemacht, ich wollte unbedingt vor der Mittagshitze fertig werden. Morgens gegen zehn Uhr bin ich dann ins Ziel gelaufen – glücklich es geschafft zu haben. Wichtiger als der Zieleinlauf und der Weltmeistertitel waren mir aber die zwischenmenschlichen Begegnungen im Rennen. Ich habe neue Freunde gewonnen, ich habe anderen im Rennen helfen können und ich wurde von anderen unterstützt (alles im Rahmen des Erlaubten). Und ich habe sehr viele schöne Momente erlebt.
Beendet wurde diese Veranstaltung mit einer sehr schönen Siegerehrung vor dem Rathaus – unter anderem die deutsche Nationalhymne, gespielt von der Militärkapelle – für mich.
Es war wahrscheinlich nicht mein letzter Deca-Triathlon !!!
Danke an alle, die mir geholfen haben, besonders Else, Martin, Alex, Michael, David, Gérard, Genèvieve und Achim.
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